Winzerstube

Die Winzerstube

Ein Gemälde des Pfälzer „Winzer“-Malers Gustav Ernst (1858 – 1945) mit zechenden Winzern schmückt die kleinste Stube. Die Winzer haben in ihren Händen oder vor sich die typischen „Dubbe“-Weingläser im Maß eines Pfälzer Schoppens (= 0,5 l).

Gustav Ernst – Der Winzermaler

Ein gebürtiger Sachse wurde zum Maler der pfälzischen Seele. Gustav Adolf Ernst (1858–1945) stammte aus Elsterberg im Vogtland, Sohn eines Webers, und fand über Umwege in die Pfalz. Nach der Kunstgewerbeschule in München arbeitete er drei Jahrzehnte als Dekorationsmaler in verschiedenen Städten – München, Zürich, Mannheim, Nürnberg. Doch ab 1902 hatte er ein Atelier in Bad Dürkheim, und hier entdeckte er sein eigentliches Thema: die Winzer der Pfalz.
Ernst malte keine idealisierten Landschaften, sondern Menschen. Bärtige Männer mit wettergegerbten Gesichtern, die nach getaner Arbeit im Weinberg zusammensitzen. Fröhliche Zecher beim Wurstmarkt, weinselig und zufrieden. Seine Bilder fingen ein, was die Pfalz ausmacht: die Verbindung von harter Arbeit und unbekümmerter Lebensfreude, von Tradition und Geselligkeit. 1913 vermachte er seine wichtigsten Werke dem Dürkheimer Winzerverein als „unveräußerliches Eigentum“ – sie sollten dort bleiben, wo sie hingehören.
Der „Winzermaler“, wie man ihn nannte, kehrte 1934 nach Bad Dürkheim zurück und lebte hier bis zu seinem Tod 1945. Seine Motive wurden zu Postkarten und Reklamemarken für den Wurstmarkt, das größte Weinfest der Welt. In Bad Dürkheim erinnert eine Straße an ihn. Das Gemälde in dieser Stube zeigt zechende Winzer mit dem typischsten aller pfälzischen Trinkgefäße in den Händen: dem Dubbeglas.

Das Dubbeglas – Pfälzer Kult im Halbliterformat

„De Dorscht, der macht erscht richtig Spaß, hoscht so e Pälzer Dubbeglas“ – so reimt der Volksmund. Was in Bayern der Maßkrug ist, ist in der Pfalz das Dubbeglas: ein Kulturgut, das weit über seinen praktischen Nutzen hinausgeht. Das konische Glas mit den charakteristischen runden Vertiefungen – den „Dubben“, pfälzisch für Tupfen – fasst einen halben Liter und ist von keinem Weinfest, keiner Straußwirtschaft und keiner geselligen Runde wegzudenken.
Der Legende nach waren es findige Dürkheimer Metzger, die das Glas erfanden. Bei Schlachtfesten rutschten die glatten Weinstangen zu leicht aus den fettigen Händen – die eingearbeiteten Mulden lösten das Problem. Tatsächlich reicht die Geschichte weiter zurück: Schon die Römer kannten im 4. Jahrhundert ähnliche Gläser mit aufgesetzten Tupfen, wie Funde aus Gönnheim belegen.
Der Pfälzer Schoppen von einem halben Liter ist dem Pfälzer heilig. Als Napoleon versuchte, kleinere Gläser durchzusetzen, scheiterte er am Dickschädel der Einheimischen. Als 1984 Gastronomen den Schoppen auf 0,4 Liter verkleinern wollten, formierte sich erfolgreicher Widerstand – dokumentiert im steinernen Schoppendenkmal von Maikammer. Dass sich in geselliger Runde alle ein Glas teilen und es von Hand zu Hand geht, ist keine Notlösung, sondern gelebte Tradition: Wein trinkt man nicht allein.
In der kleinsten Stube der Pfälzer Weinstube vereinen sich Winzermaler und Winzerglas zu einem Bild pfälzischer Lebensart – jener unkomplizierten Freude am guten Tropfen, die Gustav Ernst so treffend eingefangen hat.