Sickingenstube

Die Sickingenstube

Diese Stube erinnert an den aufmüpfigen pfälzischen Reichsritter Franz von Sickingen (1481 – 1523).
Er unterstützte die Anhänger der Reformation, legte sich mit Kaiser und Kirche an und wurde bei der Beschießung seiner Burg Nanstein tödlich verwundet.
Die Gemälde des Speyerer Malers Karl Graf (1902 – 1986) thematisieren in dieser Stube die Geschichte Sickingens.

Franz von Sickingen – Der letzte Ritter

Franz von Sickingen war ein Mann zwischen den Zeiten. Geboren 1481 auf der Ebernburg an der Nahe, erlebte er den Untergang des freien Rittertums mit. Er war kein romantischer Ritter, sondern ein Unternehmer der Gewalt – mit seinen Söldnerheeren führte er Fehden gegen Städte und Fürsten, erpresste Lösegeld, kontrollierte Handelsrouten. Kaiser Karl V. schuldete ihm zeitweise fast 100.000 Gulden.

1519 begegnete er Ulrich von Hutten, dem sieben Jahre jüngeren Humanisten, der ihm die Augen öffnete für eine größere Vision: die Reformation der Kirche, die Erneuerung des Reiches unter Führung des freien Rittertums. Sickingen machte seine Burgen zu Zufluchtsorten für verfolgte Reformatoren. Martin Bucer, Johannes Oekolampad und Kaspar Aquila fanden hier Schutz. Hutten nannte die Ebernburg die „Herberge der Gerechtigkeit“. Auf ihr entstand die dritte evangelische Gemeinde des Alten Reiches – nach Wittenberg und Nürnberg.

Im September 1522 wagte Sickingen den großen Wurf: Er zog gegen das Erzstift Trier, wollte den Kurfürsten stürzen, die kirchlichen Güter säkularisieren. Doch es bildete sich eine überkonfessionelle Fürstenkoalition gegen ihn. Nach wenigen Wochen musste er die Belagerung abbrechen und sich auf seine stärkste Festung zurückziehen: Burg Nanstein bei Landstuhl.

Im Frühjahr 1523 marschierten die vereinigten Heere vor Nanstein auf – mit dem größten Artillerieaufgebot der damaligen Zeit. Über 600 Kanonenkugeln sollen an einem einzigen Tag auf die Burg niedergegangen sein. Nach nur zwei Tagen war Sickingens angeblich uneinnehmbare Festung ein Trümmerfeld. Am 1. Mai 1523 wurde er hinter einer Schießscharte schwer verletzt. „Wiewohl mich die Stein ein wenig geschlagen haben, schadt es mir doch nichts“, soll er gesagt haben. Am 7. Mai 1523 starb er. Zeitgenossen nahmen seinen Tod als Symbol wahr: Das deutsche Rittertum war untergegangen.

Karl Graf – Der Maler der Geschichte

Die Gemälde in dieser Stube stammen von Karl Graf (1902-1986), dem „Maler der Pfalz“. Nach seiner Ausbildung in Nürnberg und Studienreisen nach Italien fand er in der Pfalz seine künstlerische Heimat. Als Gründungsmitglied und langjähriger Vorsitzender der Pfälzer Künstlergenossenschaft prägte er das regionale Kunstleben jahrzehntelang.

Grafs Arbeitsweise war klassisch: Zunächst entstanden Skizzen en plein air, die Komposition und Lichtstimmung festhielten. Im Atelier wurden daraus großformatige Gemälde mit seinem unverwechselbaren, fast abstrahierenden Duktus. Seine Weinmotive wurden jahrelang als Vorlagen für Prämierungsurkunden verwendet. Für sein Lebenswerk erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und die Max-Slevogt-Medaille.

Wenn Graf historische Themen wie Franz von Sickingen aufgriff, tat er das nicht als pathetischer Historienmaler. Seine Gemälde von Burgruinen zeigen die Landschaft, wie sie ist: die Ruinen als Teil der Natur, überwuchert, verwittert. Und doch erzählen sie Geschichte. In Grafs Bildern wird spürbar, dass diese Steine Zeugen großer Umbrüche waren – vom Ende einer Epoche, als die Kanonenkugeln die Mauern von Nanstein zertrümmerten.

In dieser Stube hängen Grafs Werke wie visuelle Kommentare zur Geschichte: Sie zeigen nicht die Schlacht, sondern das Danach – die Ruhe nach dem Sturm, die Landschaft, die alle Kämpfe überdauert hat. Geschichte ist präsent, aber nicht aufdringlich. Sie schwebt im Raum wie die Erinnerung an einen rebellischen Ritter, der zu viel wagte, und an eine Welt, die mit ihm unterging.