Die Bayern-Pfalz-Stube
Über 700 Jahre von 1214 bis 1945 bildeten die Pfalz und Bayern eine dynastische oder staatspolitische Einheit. Der Landesverband der Pfälzer in Bayern, dessen Vorstand die Weinstube führt, strengte nach 1945 zusammen mit der Bayerischen Staatsregierung ein Volksbegehren an, um die Pfalz wieder an Bayern zurück zu gliedern. Dieses Volksbegehren ist 1956 gescheitert. Seit ihrer Gründung 1950 ist die „Pfälzer Residenz Weinstube“ ein Aushängeschild für Pfälzer Wein und pfälzische Lebensart in der bayerischen Landeshauptstadt.
Daran erinnert diese Stube, in der u.a. Gemälde der zeitgenössischen Pfälzer Künstler Michael Heinlein und Dirk Klose mit Pfalzmotiven hängen.
700 Jahre gemeinsame Geschichte
Am 6. Oktober 1214 wurde Herzog Ludwig I. von Bayern – genannt „der Kelheimer“ – vom Stauferkaiser Friedrich II. mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein belehnt. Von diesem Tag an führten alle Wittelsbacher den stolzen Doppeltitel „Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Bayern“. Zwei Regionen, eine Dynastie – diese Verbindung sollte über sieben Jahrhunderte Bestand haben.
Der Hausvertrag von Pavia teilte 1329 das wittelsbachische Erbe in eine bayerische und eine pfälzische Linie. Doch eine prophetische Klausel blieb: Beim Aussterben einer Linie sollte die andere alles erben. Als 1777 der letzte bayerische Wittelsbacher kinderlos starb, trat diese Regel in Kraft. Der pfälzische Kurfürst Karl Theodor vereinte beide Territorien wieder – nach 448 Jahren der Trennung.
Die Pfalz gehörte ab 1816 als „Rheinkreis“ zum Königreich Bayern. König Ludwig I. liebte die Region so sehr, dass er sie mit seinem geliebten Italien verglich und sich die Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben als Sommersitz erbaute. Das Hambacher Fest von 1832, als 30.000 Menschen für Freiheit und Einheit demonstrierten, wurde zum Symbol demokratischer Hoffnung in der bayerischen Pfalz.
Diese 130-jährige Zusammengehörigkeit endete 1946 abrupt – nicht durch den Wunsch der Bevölkerung, sondern durch französische Besatzungspolitik. Die Pfalz wurde Teil des neu geschaffenen Rheinland-Pfalz. 1956 scheiterte ein Volksbegehren zur Rückgliederung knapp: Nur 7,6 Prozent statt der erforderlichen zehn Prozent stimmten dafür. Der Landesverband der Pfälzer in Bayern, der seit 1949 für die Wiedervereinigung kämpfte und 1950 diese Weinstube in der Münchner Residenz gründete, hält die Verbindung bis heute lebendig.
Michael Heinlein – Romantik und Heimat
Der Speyerer Maler Michael Heinlein (1953–2019) verkörperte die künstlerische Brücke zwischen Bayern und der Pfalz. In seiner Heimatstadt geboren, studierte er an der Akademie der Bildenden Künste München und wurde Assistent des Fluxus-Künstlers Robin Page. Die dramatisch-verträumten Landschaften der Münchner Spätromantiker prägten sein Werk – insbesondere die seines Namensvetters Heinrich Heinlein aus dem 19. Jahrhundert.
Seine einzigartige Technik der Postkartenübermalungen verwandelte historische Ansichtskarten von Speyer und Domprospekte in etwas Überzeitliches. Von der Villa Ludwigshöhe malte er Ansichten des Weinorts Rhodt, sein „Heinrich-Prospekt“ zur Alpenüberquerung Kaiser Heinrichs IV. wurde im Historischen Museum der Pfalz ausgestellt. Ein Stipendium der Villa Romana führte ihn nach Florenz, doch die Pfalz blieb stets sein künstlerisches Zentrum. Nach seinem Tod gründete sein Freund Klaus Fresenius die Fresenius-Heinlein-Stiftung, die heute pfälzische Künstler mit Reisestipendien fördert.
Dirk Klose – Der lebende Brückenbauer
Der 1965 in Frankenthal geborene und in Speyer aufgewachsene Künstler Dirk Klose lebt seit 1989 in München – und ist die personifizierte Verbindung beider Regionen. Er studierte Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität, promovierte über Leo von Klenze und absolvierte parallel sein Kunststudium an der Akademie der Bildenden Künste München.
Seit 1999 leitet Klose die Geschäftsstelle des Landesverbandes der Pfälzer in Bayern, seit 2014 ist er Chefredakteur der Zeitschrift „Die Pfalz“. Sein künstlerisches Werk – Malerei auf Holz mit Goldgrund und Silberaluminium – kreist um Themen wie Naturzerstörung und den kritischen Materialismus-Diskurs. Die Werkserien „Shattered Butterflies“ und „Black Earth“ zeigen gefährdete Schmetterlingsarten und Amazonas-Regenwaldstücke auf glänzendem Grund – ein Kontrast zwischen materialistischem Schein und bedrängter Natur.
In dieser Stube verbinden sich Geschichte und Gegenwart: 700 Jahre dynastischer Verflechtung, eine durch Großmachtpolitik erzwungene Trennung, und zwei Künstler als lebendige Zeugen einer Verbundenheit, die alle politischen Grenzen überdauert hat. Der Pfälzer Löwe im bayerischen Staatswappen erinnert bis heute daran, dass zusammengehört, was einmal getrennt wurde.
